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Suchthilfe in der Schweiz – Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Suchthilfe in der Schweiz ist kantonal organisiert und entsprechend vielfältig. Grundsätzlich funktioniert das System gut, das Angebot ist ausdifferenziert und die Suchthilfe professionell. Drei aktuelle Berichte zeigen nun auf, wo das System noch Lücken hat und wo es Verbesserungspotenzial gibt.

Die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit (HSLU) hat im Auftrag der Konferenz der kantonalen Beauftragten für Suchtfragen (KKBS) die Steuerung der Suchthilfe unter die Lupe genommen. Der Schlussbericht «Grundlagen für die (inter-)kantonale Steuerung im Bereich der Suchthilfe» schafft ein gemeinsames Verständnis der Situation, um Verbesserungen zu ermöglichen.

Im zweiten Bericht nimmt die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) unter anderem Bezug auf die Erkenntnisse der KKBS und gibt in ihrem Grundlagenbericht «Empfehlungen zur Verbesserung der Suchthilfe und -versorgung» Empfehlungen aus der Perspektive ihrer Expertise. 

Der dritte Bericht mit dem Titel «Synthesebericht zur Finanzierung der Suchthilfe in der Schweiz» des Groupement Romand d’Etudes des Addictions (GREA) gibt eine Übersicht über die grundlegenden Finanzierungsmechanismen der Suchthilfe und damit verbundene Herausforderungen.

Vielfältiges Angebot mit Lücken auf mehreren Ebenen

Die drei Berichte zeigen, dass das Suchthilfesystem in der Schweiz grundsätzlich gut funktioniert und an die jeweiligen Gegebenheiten der Kantone angepasst ist. Das Angebot ist vielfältig und wird professionell erbracht. Allerdings steht das Suchthilfesystem auch vor Herausforderungen: So gibt es Angebotslücken in der Nachsorge in den Bereichen Wohnen und Arbeit sowie in den niederschwelligen Angeboten der Schadensminderung (z. B. Drug Checking). Und es mangelt vielerorts an Angeboten für bestimmte Zielgruppen, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene. Zudem sieht sich die Suchthilfe immer komplexer werdenden Fällen gegenüber (z. B. Komorbidität oder Mehrfachbelastungen).

Gerade bei komplexen und langjährigen Fällen, an der Schnittstelle zwischen medizinisch-psychiatrischem Bereich / Sozialarbeit sowie bei der interkantonalen Zusammenarbeit werden die Finanzierung der Suchthilfe und die interprofessionelle Koordination zur Herausforderung. Wie der Synthesebericht von GREA aufzeigt, ist das Finanzierungssystem vielschichtig und komplex. Probleme entstehen dort, wo Leistungen nicht oder je nach Leistungsträger oder Indikationssystem unterschiedlich finanziert sind.

Suchthilfesystem gezielt verbessern

Aus den oben erläuterten Erkenntnissen leiten KKBS, EKSN und GREA verschiedene Ansätze für Verbesserungen der Suchthilfe ab. Ganz grundlegend wünscht sich die KKBS eine fundiertere Datenlage, um Sucht als bio-psycho-soziales Phänomen noch besser zu verstehen. Zudem soll die Bevölkerung weiter sensibilisiert, Sucht entstigmatisiert sowie Aus- und Weiterbildungen von Fachpersonen gefördert werden. 

Sowohl die KKBS als auch die EKSN sehen auf der Ebene des Versorgungssystems Verbesserungspotenzial. Sie empfehlen verstärkte Kooperation und Vernetzung aller Akteursgruppen der Suchthilfe sowie angrenzender Bereiche. Diese Kooperation müsse verbindlich geregelt und finanziert werden. Zudem gelte es, die Fallbegleitung zu professionalisieren und beispielsweise im Rahmen einer Leistungsvereinbarung auch zu finanzieren. Sowohl GREA als auch EKSN stellen diesbezüglich fest, dass sich verschiedene Formen der Finanzierung (wie Subjekt- und Objektfinanzierung) weiterhin ergänzen sollen. Auch gemeinsame Tarifsysteme für den ambulanten und stationären Bereich oder ein «Nationaler Ausgleichsfonds Sucht (NAFS)» stehen zur Diskussion.

Auf Ebene der Suchthilfeangebote braucht es gemäss KKBS und EKSN mehr Angebote im Bereich des Wohnens, der Arbeitsintegration sowie der Schadensminderung. Spezifische Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene ebenso wie für sozial benachteiligte und vulnerable Gruppen sollen ausgebaut und zugänglicher gemacht werden. 

BAG unterstützt die Suchthilfe mit Koordination und Grundlagen

Bei der Überarbeitung der Massnahmenpläne der Nationalen Strategie Sucht wird das BAG prüfen, inwiefern die Angebotsplanung gemeinsam mit den Kantonen optimiert werden kann. Auf Wunsch der Kantone kann das BAG bei der Koordination unterstützen. Darüber hinaus fördert das BAG die Suchthilfe und die Suchtversorgung mit bewährten Instrumenten wie dem nationalen Monitoring MonAM, der Online Beratung SafeZone.ch, der Förderung entsprechender Forschung, der Datenbank zum Suchthilfeangebot suchtindex.ch sowie mit der Qualitätsnorm QuaTheDA für Institutionen der Suchthilfe.

Quellen

Schlussbericht zur Studie «Grundlagen für die (inter-)kantonale Steuerung im Bereich der Suchthilfe», HSLU, 2023 

Fachtsheet zur Studie «Grundlagen für die (inter-)kantonale Steuerung im Bereich der Suchthilfe», KKBS, 2023

Grundlagenpapier der EKSN «Empfehlungen zur Verbesserung der Suchthilfe und -versorgung»

EKSN-Medienmitteilung: «Verbesserung der Suchthilfe und -versorgung dringend nötig»

Synthesebericht zur Finanzierung der Suchthilfe in der Schweiz (Kurzfassung auf Deutsch)

Dossier «Sucht» auf prevention.ch

spectra Podcast N°29 «Mischkonsum bei Jugendlichen: Trends und Herausforderungen»

Kontakt

Simona De Berardinis

Leiterin Nationale Strategie Sucht


Jann Schumacher

Abteilung Prävention nichtübertragbarer Krankheiten

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