WHO stellt neue Guideline zur Suizidprävention vor
Jeder 100. Mensch weltweit stirbt durch Suizid. In der Schweiz gab es im 2018 insgesamt 1002 Suizide. Die Weltgesundheitsorganisation WHO möchte die Zahl der Suizide bis ins Jahr 2030 um einen Drittel reduzieren. Dies auch mit Hilfe einer neuen Leitlinie für Suizidprävention, die im Juni 2021 vorgestellt wurde.
Suizid verursacht weltweit mehr tote Menschen als beispielsweise Malaria oder Brustkrebs. Global betrachtet verloren im Jahr 2019 insgesamt 700 000 Menschen ihr Leben durch Suizid. Gemäss Zahlen der WHO ist Suizid weltweit bei den 15-29-jährigen Männern die vierthäufigste Todesursache, bei den gleichaltrigen Frauen liegt Suizid sogar auf Platz 3. Global sank die Suizidrate zwar in den letzten 20 Jahren. «Fachleute gehen aber davon aus, dass der positive Trend durch die Corona-Pandemie womöglich gestoppt wurde», erklärt Alexandra Fleischmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich psychische Gesundheit bei der WHO. Ursachen für diese Entwicklung könnten zum Beispiel Einsamkeit oder Arbeitsplatzverluste sein, die aufgrund der Corona-Pandemie zugenommen haben.
Die WHO stellte im Juni 2021 eine neue Leitlinie vor, die Wege für die Suizidprävention vorgibt. Tedros Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, sagt: «Wir können und dürfen Suizid nicht ignorieren. Unsere Aufmerksamkeit gegenüber Suizidprävention ist nach den vielen Monaten der Corona-Pandemie noch wichtiger.»
Die WHO verstärkt mit den neuen Leitlinien ihre Bemühungen der Suizidprävention weltweit. Ziel ist es, die Anzahl Suizide bis ins Jahr 2030 um einen Drittel zu reduzieren. Die WHO erhofft sich, dass mehr Länder die neuen Leitlinien implementieren, momentan verfügen 38 der 194 WHO-Mitgliedsstaaten über eine entsprechende Suizidpräventionsstrategie, darunter auch die Schweiz.
Die neue Leitlinie verfügt über zwei Teile: Die zentralen Pfeiler aus Teil A sind die Basis für eine erfolgreiche Suizidprävention. Plan A enthält die Massnahmen Situationsanalysen, multisektorielle Zusammenarbeit, Sensibilisierung, den Aufbau von Kapazitäten, Finanzierung und Monitoring. Teil B definiert vier Schlüsselbereiche effektiver Interventionen. Jedes Land soll für sich definieren, wo es den grössten Handlungsbedarf sieht. Die vier Schlüsselbereiche sind:
- Der beschränkte Zugang zu Mitteln für Suizid (z. B. Drogen, Waffen)
- Die verantwortungsbewusste Berichterstattung der Medien, ein wichtiger Faktor, der die Menschen von Suizid abhalten kann.
- Die Schulen und andere Organisationen, welche die Bewältigungskompetenzen der Jugendlichen schon früh fördern sollen.
- Die Gesundheitsfachpersonen oder auch Familienangehörigen, die Personen mit suizidalen Gedanken frühzeitig erkennen, damit die betroffenen Personen die nötige, professionelle Unterstützung erhalten.
Auch in der Schweiz hat das Thema Suizidprävention in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. 2016 haben Bund und Kantone gemeinsam mit der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz sowie weiteren Akteuren des Gesundheitswesens und anderer Gesellschaftsbereiche den Aktionsplan Suizidprävention erarbeitet. Er enthält 10 Ziele und 19 Schlüsselmassnahmen. Am Stakeholderanlass vom 15. Juni 2021 wurde mit den Akteuren über den Stand der Umsetzung des Aktionsplans diskutiert. Die Ist-Analyse, die INFRAS im Auftrag des BAG aktuell erarbeitet und die eine wichtige Grundlage für die Diskussionen am Anlass war, zeigt, dass in manchen Handlungsfeldern des Aktionsplans Fortschritte erzielt wurden, in anderen eher wenig.
Foto: Kim Culetto