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«Selbstmanagement-Förderung ist so wichtig wie noch nie»

Am Forum SELF am 10. November 2020 haben Fachpersonen, Betroffene und Angehörige über Selbstmanagement-Förderung diskutiert – digital. Sie widmeten sich unter anderem den Fragen: Wie kann «gemeinsam auf Augenhöhe» gelingen? Was braucht es dazu? Und wo stehen wir dabei überhaupt?

Wie so vieles in diesem Jahr war auch das Forum SELF 2020 etwas anders als sonst: Die fast 90 Teilnehmenden diskutierten von zu Hause aus oder aus ihrem Büro. Nichtdestotrotz haben sie sich rege ausgetauscht, um die Selbstmanagement-Förderung auch in diesem Jahr voranzubringen. Denn eines machte die BAG-Vizedirektorin Andrea Arz de Falco gleich zu Beginn klar: Selbstmanagement-Förderung ist so aktuell und wichtig wie noch nie. Das gelebte Selbstmanagement von Betroffenen sei von immenser Bedeutung, damit erkrankte Personen ihre Ressourcen stärken und mit ihrer Krankheit und Therapie adäquat umgehen können. Dazu gehört auch, dass sie das Gesundheitssystem möglichst wirkungsvoll nutzen. «Gemeinsam auf Augenhöhe», wie das Thema des Forums lautete, stehe allerdings im Kontrast mit der aktuellen Zeit. Mit möglichst wenigen persönlichen Treffen und Abstandhalten sei «gemeinsam» und «auf Augenhöhe» zusätzlich erschwert.

Gemeinsam auf Augenhöhe im Universitätsspital Genf

Wie «gemeinsam auf Augenhöhe» in der Praxis gelingt, erzählte Professor Alain Golay vom Universitätsspital Genf. Er hat über dreissig Jahre Erfahrung mit der «éducation thérapeutique du patient» in der Romandie. Entwickelt hat er diesen Ansatz zur Selbstmanagement-Förderung im Bereich Diabetes, heute wendet das Genfer Universitätsspital diesen Ansatz auf 46 nichtübertragbare Krankheiten an. Denn das Universitätsspital hat die Selbstmanagement-Förderung in seinem Behandlungskonzept strukturell verankert, u.a. mit steter Weiterbildung fürs Personal und einer speziell dafür geschaffenen internen Stelle. Nicht die Krankheit steht im Universitätsspital Genf im Mittelpunkt, sondern die Patientin oder der Patient. Dieser Paradigmawechsel ist zentral, damit Selbstmanagement-Förderung gelingt.

Golay plädiert dafür, dass das Gesundheitspersonal die Patientinnen und Patienten als Co-Therapeuten versteht. Die Stimme der Betroffenen ist ein zentraler Erfolgsfaktor für die Therapie. Laut Golay sollten Patientinnen und Patienten in allen Gremien der Spitäler eingebunden werden, damit ihre Stimme gehört wird und ihre Expertise und Erfahrung einfliesst, wenn Programme entwickelt und gestaltet werden.

Vielen Studien haben aufgezeigt, dass die Selbstmanagement-Förderung kosteneffizient ist und dass die Behandlung am Ende weniger kostet. Davon profitieren nicht nur Betroffene, sondern auch die Versicherer. Golay ermuntert daher Versicherer, entsprechende Programme zu fördern. Die Finanzierung von Selbstmanagement-Förderung bleibt die grosse Herausforderung: Obwohl die Wirksamkeit von Selbstmanagement-Förderung belegt ist, scheint sie wirtschaftlich nicht interessant – daher bleibt es schwierig, die Selbstmanagement-Förderung zu etablieren.

Selbstmanagement-Förderung lohnt sich auch für Fachpersonen

In der Diskussion mit den Teilnehmenden strich Golay die psychosoziale Dimension der Selbstmanagement-Förderung heraus. Diese spielt nach seiner Erfahrung eine starke Rolle: Wie lernt ein kranker Mensch, mit seiner Krankheit umzugehen und das Schicksal zu akzeptieren? Welches Verständnis haben er und die Fachpersonen? Wie können sie sich besser verstehen? Wie gelingt es, mit der Krankheit zu wachsen und seine gesunden Anteile zu stärken? Das aktive Zuhören der Fachpersonen stärkt die Bindung zu den Patientinnen und Patienten. Die Fachpersonen erhalten positives Feedback, was für mehr Zufriedenheit sorgt und ihrer Arbeit zusätzlich Sinn gibt. Professor Golay ermutigte die Teilnehmenden, den erfolgreichen Ansatz zu kopieren und lud sie ein, das Zentrum für Selbstmanagement-Förderung in Genf zu besuchen. Ganz generell forderte zu mehr Austausch und Zusammenarbeit auf, um die Selbstmanagement-Förderung voran zu bringen. 

Unterlagen zum Forum SELF:

Alle Informationen zum diesjährigen Forum Self  finden Sie auf www.bag.admin.ch/self.

Unter diesem Link finden Sie neben den Tagungsunterlagen auch zwei aufgezeichnete Referate. Ein Ergebnisbericht zum Forum erscheint im Januar 2021.

Contact

Nadine Stoffel-Kurt
Sektion Prävention in der Gesundheitsversorgung

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