Bewegung im Alter senkt das Sturzrisiko und unterstützt ein eigenständiges Leben
Jun. 2022Bewegung
Personen, die sich auch nach ihrer Pensionierung ausreichend bewegen, leiden weniger oft an nichtübertragbaren Erkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Problemen oder Diabetes. Wer im Alter jede Gelegenheit zur Bewegung nutzt, senkt sein Sturzrisiko und kann länger selbstständig zu Hause leben. Unterstützend dabei: ein altersgerecht gestaltetes Umfeld.
Die Tendenz ist grundsätzlich positiv: In der Schweiz werden die Menschen nicht nur älter, sie bleiben im Schnitt auch länger gesund. Allerdings sind die Unterschiede im Alter grösser als in jeder anderen Lebensphase: Während es einerseits vielen Rentnerinnen und Rentnern gesundheitlich besser geht als manchen Personen im Erwachsenenalter, gibt es auch immer mehr Pflegebedürftige, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden.
Insgesamt nimmt der Umfang an medizinisch-pflegerischen Leistungen im Gleichschritt mit der demografischen Alterung zu. Körperliche und kognitive Einbussen als Folge biologischer Abbauprozesse gehören zum Älterwerden dazu. Das BAG ist an einer Reihe von Programmen und Massnahmen beteiligt, die ältere Menschen dabei unterstützen, ihre körperliche und psychische Gesundheit möglichst lange zu erhalten. Hier spielt die Bewegungsförderung – und damit verbunden auch die Vorbeugung von Stürzen – eine zentrale Rolle. In diesem Kontext engagiert sich das BAG zum Beispiel im Netzwerk von hepa.ch. Das Netzwerk hat explizite Bewegungsempfehlungen auch für ältere (und allenfalls mobilitätseingeschränkte) Menschen erarbeitet. Anlässlich der Herbsttagung von hepa.ch werden diese Empfehlungen aktualisiert.
Angepasstes Training
Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung zeigen, dass die durchschnittliche Bewegung ab 65 Jahren seit der Jahrtausendwende zwar zugenommen hat. Trotzdem bewegt sich immer noch jede fünfte Person zwischen 65 und 74 Jahren nicht ausreichend. Bei Personen ab 75 Jahren trifft das sogar auf fast jede zweite Person (45%) zu, wie Gesundheitsförderung Schweiz auf ihrer Webseite festhält. Die Stiftung zielt mit ihren kantonalen Aktionsprogrammen, die im Rahmen der Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten umgesetzt werden, auf zwei verschiedene Bewegungsformen ab, die sich ergänzen: die alltägliche Bewegung sowie die Teilnahme an spezifischen Bewegungsprogrammen. Studien belegen, dass sich die Häufigkeit von Stürzen im Alter mit solchen spezifischen Trainings um bis zu 40 Prozent reduzieren lässt.
Schweizweit laufen zahlreiche Aktivitäten in diesem Bereich, da- runter auch das von Gesundheitsförderung Schweiz unterstützte Pilotprojekt «Es bewegt sich etwas in den Pflegeheimen!» im Kanton Freiburg. Im Schnitt verbringen Bewohnerinnen und Bewohner solcher Heime 94 Prozent ihrer Zeit mit Sitzen oder Liegen. Während zwei Jahren führen Fachpersonen mit einem speziellen Hochschuldiplom in Sport- und Bewegungswissenschaften Bewegungsprogramme durch, die auf die Bewohnerinnen und Bewohner von Altersheimen angepasst sind. Diese Programme stärken nicht nur die Muskelkraft, sondern auch das Gleichgewicht der Teilnehmenden. Gleichzeitig werden die Betreuungsteams vor Ort geschult, damit das Training auch nach Ab- lauf des Pilotprojekts fortgeführt werden kann.
Zusehends zeigt sich, dass sich solche Investitionen lohnen: Denn die Gesundheitsförderung im Alter hat eine grosse – und stetig wachsende – volkswirtschaftliche Bedeutung. Im Schnitt ereignen sich knapp 90'000 Stürze pro Jahr, die zu jährlichen Folgekosten von rund 1,7 Milliarden Franken führen. Wenn man noch hinzurechnet, dass eine bessere Gesundheit im Alter auch die Pflegebedürftigkeit verringert und Heimeintritte verzögert, könnten sich die prognostizierten Ausgaben sogar um 11 Milliarden Franken verringern.
Dialog und Begegnung
Neben diesen und vielen ähnlichen Bestrebungen, die auf den möglichst langen Erhalt der individuellen körperlichen Leistungen und der Eigenständigkeit ausgerichtet sind, spielen auch bewegungsförderliche Strukturen eine wichtige Rolle. Dafür beteiligt sich das BAG an den Modellvorhaben für nachhaltige Raumentwicklung (siehe auch S. 9). Bei diesen Pilotprojekten interessiert sich das BAG für die gesundheitsförderliche Ausgestaltung des Wohn- und Lebensraums. So werten etwa Fachleute in den beiden Tessiner Alpentälern Muggio und Onsernone bestehende Plätze in den Dörfern mit Bänken auf – und erleichtern somit den Dialog und die Begegnung zwischen den Generationen. Zudem werden steile Wege und Treppen mit Handläufen ausgestattet, um das Lebensumfeld der älteren Bevölkerung zugänglich zu machen. Andere Projekte wollen attraktive Grünflächen schaffen, die gut erreichbar sind. Vorhaben wie diese sollen die Menschen zu mehr Bewegung und sozialem Austausch anregen.
Das BAG verfolgt somit zwei zentrale Aspekte der Bewegung im Alter: die Unterstützung bei der täglichen Bewegung älterer Menschen sowie die Entwicklung entsprechender bewegungsförderlicher Strukturen. Das Zusammenspiel beider Aspekte ist der Erfolgsfaktor für ein bewegtes und ein gesundes Altern.