Mehr Chancengleichheit dank mHealth?
Sep. 2018mHealth
Digitale Benachteiligung. Die starke Verbreitung von Smartphones quer durch alle Bevölkerungsgruppen lässt das Potenzial erahnen, das für Prävention und Gesundheitsförderung genutzt werden könnte. Ein Smartphone zu besitzen, heisst jedoch nicht in jedem Fall, mHealth- Angebote adäquat in Anspruch nehmen zu können.
Wer kann davon profitieren? Diese Frage stellt sich grundsätzlich bei jeder neuen Errungenschaft. Bei digitalen Medien wird in diesem Zusammenhang oft die «digitale Spaltung» (englisch: «digital divide») erwähnt. Gemeint ist die Kluft zwischen denjenigen, die dank den neuen, digital verfügbaren Angeboten ihr Wissen vergrössern können, und denjenigen, die an diesem Fortschritt nicht teilhaben können. Auch von mHealth kann nur profitieren, wer erstens die nötigen technischen Geräte besitzt, zweitens die erforderlichen Kompetenzen hat, diese gezielt einzusetzen, und drittens motiviert ist bzw. einen Nutzen darin sieht, dies auch zu tun.
Der Media Use Index 2017 zeigt, dass in der Schweiz 92 Prozent der Bevölkerung mit mobilen Geräten auf das Internet zugreifen. Dennoch ist davon auszugehen, dass es Bevölkerungsgruppen gibt, denen die Nutzung digitaler Medien oder der Umgang mit den dort verfügbaren Inhalten nicht leicht fällt. Zu diesen «digital Benachteiligten» gehören vor allem ältere Personen und Personen mit tiefem sozioökonomischem Status oder geringem Bildungsniveau.
Die mHealth-Kompetenz (bzw. ob mHealth-Angebote zielführend genutzt werden können) umfasst unter anderem:
– Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, um schriftliche Informationen zu nutzen.
– Technische Kenntnisse, um Zugang zu einer funktionierenden technischen Ausrüstung und zum Internet zu haben und Anwendungen wie Apps oder Websites anzuwenden.
– Gesundheitskompetenz, d.h. im Alltag Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken.
– Kompetenz, Diagramme oder Bilder mit Informationen zu verstehen.
Wichtig ist auch der Umstand, dass sich die für den Umgang mit mHealth relevanten Kompetenzen im Lauf der Zeit und in bestimmten Lebenssituationen verändern können: Personen mit physischen oder psychischen Beschwerden haben häufig auch situationsbedingt eine verminderte Gesundheitskompetenz. Um den Zugang zu mHealth zu verbessern, kann einerseits die mHealth-Kompetenz gestärkt werden, andererseits sollte darauf geachtet werden, die Barrieren zu mHealth-Anwendungen möglichst tief zu halten. Die mHealth-Kompetenz kann z.B. durch Smartphone-Kurse oder «Patienten-Empowerment» gestärkt werden.
Um die Barrieren zu mHealth-Anwendungen zu senken, sollte direkt bei deren Entwicklung angesetzt werden. Folgende Punkte sollten beachtet werden, damit z.B. eine App von möglichst vielen Personen benutzt werden kann:
1. Einbeziehung der Nutzerinnen und Nutzer in den Entwicklungs- und Auswertungsprozess.
2. Handlungsorientierte Informationen: «Was soll ich tun?»
3. Nicht zu viele Informationen.
4. Einfache Navigation und schlichtes Design.
5. Interaktivität: Die Inhalte sollten geteilt und gedruckt werden können.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass mHealth zwar Potenzial hat, die gesund-heitliche Chancengleichheit zu erhöhen. Ein möglichst einfacher Zugang, Nutzerinnen und Nutzer mit gestärkter mHealth-Kompetenz und klare Datenschutzbestimmungen wären aber Voraussetzungen, die zu erfüllen sind.
The skills needed to use mHealth apps can change over time and in certain life situations.
Another important consideration is the fact that the skills needed to use
mHealth apps can change over time and in certain life situations. The
health skills of people with physical or mental problems are frequently
impaired in particular situations.
Access
to mHealth can be facilitated by improving mHealth skills while at the
same time ensuring that the barriers to using mHealth apps are kept as
low as possible. mHealth skills can be enhanced by means of smartphone
courses or patient empowerment, for example. The most effective way of
reducing the barriers to using mHealth apps is to address the issue at
the development stage. To enable an app to be used by as many people as
possible, for example, the following points should be taken on board: 1. Involve users in the development and evalu-
ation process. 2. Provide action-centred information that addresses the
question "What should I do?" 3. Avoid providing too much information. 4. Simple navigation and design. 5. Ensure interactivity: it must be
possible to share and print out content.
While mHealth certainly has the potential to increase health equity, it can
only do so if it is easy to access, if users have better mHealth skills
and if clear data protection regulations are in place.
Literatur:
Graetz et al. (2018): Bridging the Digital Divide: Mobile Access to Personal Health Records Among Patients with Diabetes.
Ahmed, Shameem (2017): mHealth Literacy: characterizing people’s ability to use smartphone based health-related applications.
Kreps, Gary L. (2017): The relevance of health literacy to mHealth.
Broderick, J. et al. (2014): Designing Health Literate Mobile Apps.
Papageorgiou, Achilleas et al. (2018): Security and Privacy Analysis of Mobile Health Applications: The Alarming State
of Practice. Mackert, Michael et al. (2016): Health Literacy and Health Information Technology Adoption: The Potential for a New Digital Divide.
Kontakt
Angela Bachmann,
Sektion Nationale Gesundheitspolitik,
angela.bachmann@bag.admin.ch