Rahmenbedingungen für eine erleichterte Früherkennung und Behandlung von Adipositas-Betroffenen sicherstellen
Mär. 2024Adipositas bekämpfen
Adipositas ist eine multifaktorielle Erkrankung mit hoher Betroffenheit. Deshalb besteht das Ziel des BAG darin, die Früherkennung und den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung für Menschen mit Adipositas und ihre Angehörigen sicherzustellen. Betroffene und Angehörige benötigen eine adäquate und eine nicht-diskriminierende Behandlung. Fachpersonen aus dem Gesundheits-, Sozial- und Gemeinwesen müssen stärker zusammenarbeiten.
Die Problematik der Adipositas benötigt einen Ansatz, der über das ganze Leben hinweg wirkt. Die Einflussfaktoren (z. B. Ernährung, Bewegung) beginnen bereits während der Schwangerschaft und begleiten Menschen ein Leben lang. Je früher interveniert wird, umso besser stehen die Chancen für die Risikogruppen. Trotzdem scheitern die Ansätze frühen Eingreifens im Alltag oft, weil die Sensibilisierung für die Thematik in der Gesellschaft und bei Fachpersonen fehlt.
Bedeutung der Früherkennung
Früherkennung ist wichtig, um die Manifestierung der Erkrankung zu vermeiden und Folgeerkrankungen vorzubeugen. Der Zugang zu Informationen und Dienstleistungen (virtueller oder physischer Art) für alle Altersgruppen über den gesamten Lebensverlauf hinweg muss dabei im Zentrum stehen (vgl. auch WHO-Framework, 2023).
Das BAG ist dabei, einen Referenzrahmen für die nachhaltige Umsetzung der Prävention in der Gesundheitsversorgung (PGV) zu erstellen. Als konkretes Beispiel soll dazu der Gesundheitspfad Adipositas ausgearbeitet werden. Dieser sieht «Touch Points», wichtige Berührungspunkte vor, die den Betroffenen und Angehörigen den Zugang zu Angeboten und Früherkennung erleichtern. Dadurch soll die Entwicklung von Adipositas und/oder das Auftreten von Komorbiditäten verhindert werden.
«Es geht nicht darum, völlig neue Strukturen oder Angebote zu schaffen, im Gegenteil: Der Fokus muss darauf liegen, die bestehenden Strukturen und Angebote besser zu vernetzen, Drehscheiben einzurichten und Berührungspunkte früher zu nutzen – also vor der Chronifizierung», so Chiara Rondi, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAG.
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Adipositas erfordert eine umfassende Herangehensweise
Hinzu kommt eine weitere Problematik, wenn es um die Früherkennung und Behandlung übergewichtiger und adipöser Personen geht: Die zunehmende Fragmentierung von Fachgruppen aus den Bereichen Gesundheits-, Sozial- und Gemeinwesen. Nicht nur verfolgen die einzelnen Fachpersonen unterschiedliche Ziele und Ansätze, auch die entsprechenden Leistungen sind separat finanziert. Allzu oft herrscht ein Silodenken. Adipositas ist aber eine multifaktorielle Erkrankung. Entsprechend muss auch die Betreuung über die verschiedenen Systeme hinweg geschehen.
Dies deckt sich auch mit den Empfehlungen der WHO zur Prävention und Behandlung von Adipositas (WHO, 2023), welche im Weiteren ein Kontinuum von Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention, Diagnose, Behandlung, Krankheitsmanagement und Rehabilitation innerhalb und ausserhalb des Gesundheitssystems und je nach Bedürfnissen über den gesamten Lebensverlauf hinweg nahelegen. Nur ein integrierter Ansatz dieser Art hat das Potenzial, die multifaktoriellen Gesundheitsprobleme anzugehen, die sich durch Übergewicht und Adipositas stellen.
Beispiel guter Praxis: PGV-Projekt «Starke Familie»
Um die Situation zu verbessern, hat die Projektförderung «Prävention in der Gesundheitsversorgung» (PGV) in den Jahren 2019 bis 2021 das Projekt «Starke Familie» unterstützt (die PGV-Projektförderung wird finanziert von Gesundheitsförderung Schweiz und mitgetragen vom BAG). In einem ersten Schritt ging es in diesem Projekt darum, Familien mit übergewichtigen Kindern zu identifizieren. Dazu sind Fachpersonen mit entsprechender Ausbildung nötig, aber es braucht auch Berührungspunkte. Wann und wie kommen betroffene Familien überhaupt mit dem Gesundheits-, Sozial- oder Gemeinwesen in Kontakt? Welche Berührungspunkte eignen sich für die Führerkennung und Prävention und wie können die Fachleute für das Thema sensibilisiert werden?
In der ersten Lebensphase sind solche Berührungspunkte zum Beispiel die Hebammen (Gesundheitswesen), die Mütter- und Väterberatung (Sozialwesen) oder die Kita (Gemeinwesen). All diese Berührungspunkte wurden bisher zu wenig für die Früherkennung von adipösen Kindern genutzt. Das Projekt «Starke Familie» wollte das ändern und hat in der Folge die Verbindungen zu Fachleuten in den drei Bereichen gestärkt – mit Erfolg, wie der Schlussbericht zeigt.