Sprunglinks

zurück

Bewegung als Therapie: noch viel Potenzial in der Schweiz

Ausgabe Nr. 134
Jun. 2022
Bewegung

In der Schweiz wird Bewegung als Therapie für Personen mit nichtübertragbaren Erkrankungen, psychischen Krankheiten oder Suchtproblemen bislang wenig eingesetzt, obwohl es sich um eine effektive Behandlung handelt. Das BAG möchte Bewegung als Therapie stärker in der Gesundheitsversorgung verankern.

Nichtübertragbare Krankheiten (NCD) nehmen in unserer Gesellschaft aufgrund der steigenden Lebenserwartung, aber auch aufgrund mangelnder Bewegung stetig zu. Dies nicht ohne Folgen: Schätzungen gehen davon aus, dass 80 Prozent der Gesundheitskosten in der Schweiz durch NCD und psychische Erkrankungen verursacht werden.* Das BAG hat deshalb gemeinsam mit Partnern die «Nationale Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten» (NCD-Strategie) erarbeitet. In allen drei Handlungsfeldern der Strategie stellt die Bewegungsförderung eine zentrale Massnahme dar, denn es ist klar, dass Bewegung ein wichtiger Schutzfaktor für die Entstehung von NCDs ist. Gleichzeitig wirkt Bewegung auch therapeutisch: Ein Ziel der NCD-Strategie ist, Bewegung als Therapieform in der Gesundheitsversorgung zu verankern.

Im Auftrag des BAG haben Forschende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in der Schweiz und in anderen ausgewählten Ländern untersucht, ob und wie Bewegung als therapeutische Intervention eingesetzt wird. Aus den Erkenntnissen haben sie Handlungsempfehlungen für die Schweiz abgeleitet.

Bewegung als Therapie noch wenig verbreitet

Bewegung gilt als effektive Therapie für nichtübertragbare Krankheiten wie Krebs, Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Adipositas, psychische Erkrankungen etc. Da Bewegungsangebote oft in Gruppen stattfinden, steigert dies die soziale Integration, was sich zusätzlich positiv auf das Wohlbefinden auswirkt. Bei Bewegung als Therapie besteht eine Herausforderung darin, dass sie – im Gegensatz zur medikamentösen Therapie – eine aktive Beteiligung seitens der Patientinnen und Patienten erfordert. Auch müssen Übungen richtig angeleitet werden, weshalb Fachleute, die Bewegungsprogramme durchführen, eine spezifische Ausbildung benötigen. Es gibt bereits erste spezialisierte Lehrgänge, zum Beispiel von der Association Suisse des Professionnels en Activités Physiques Adaptées (ASP-APA) oder vom Schweizerischen Verband für Gesundheitssport & Sporttherapie (SVGS).

In der klinischen Praxis in der Schweiz ist Bewegung als therapeutische Intervention noch wenig verbreitet, wie aus dem Schlussbericht der ZHAW hervorgeht. Zwar sind Bewegungsinterventionen bei NCDs meist Teil strukturierter Rehabilitationsprogramme, die durch die Grundversicherung gedeckt sind. Allerdings fehlt es an einer gezielten, für alle zugänglichen Verschreibung von Bewegung im Anschluss an diese Programme.

Initiative für umfassende Umsetzung

Auf Basis dieser Erkenntnisse haben die Forschenden der ZHAW Handlungsempfehlungen formuliert, etwa die Gründung der Dachorganisation Exercise is Medicine (EIM) Schweiz, die den Weg ebnen soll, Bewegung als Therapie in der Gesundheitsversorgung zu etablieren. Verantwortlich für EIM Schweiz sind neben dem BAG therapeutische und ärztliche Fachgesellschaften, Bildungsinstitutionen und weitere Akteure. Das Ziel der Dachorganisation ist es, diese Akteure zusammenzubringen und die Förderung von Bewegung als Therapie gemeinsam anzugehen. In einem gemeinsamen EIM-Konzept sollen unter anderem eine Indikationsliste erstellt, Richtlinien festgelegt und ein Bewegungsrezept entwickelt werden.

Zu den weiteren Handlungsempfehlungen gehören die Etablierung geeigneter Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der Grundversicherung sowie die Entwicklung von Guidelines für betroffene Fachpersonen.

Projekte, die therapeutische Bewegungsangebote fördern

Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt verschiedene Projekte im Bereich Bewegungstherapie: Das Pilotprojekt «Pas à Pas» (PAP+) richtet sich an Personen, die an NCDs leiden oder sich nicht genügend bewegen und deswegen ein Risiko haben, eine NCD zu entwickeln, mit dem Ziel, Bewegung als Massnahme zur NCD-Prävention systematisch zu integrieren. Ein anderes Projekt von Gesundheitsförderung Schweiz ist das Projekt «BeFit – Fitness für Bechterew-Betroffene». Den Betroffenen wird eine Bewegungstherapie angeboten, welche ihre Autonomie und ihre Lebensqualität erhalten soll.

Zu weiteren Initiativen gehört das Projekt «Diafit» von Diabetes Schweiz: ein strukturiertes Bewegungsprogramm spezifisch für Patientinnen und Patienten mit Glukoseintoleranz. Dieses soll das Auftreten von Diabetes mellitusTyp 2 verhindern oder hinauszögern und Betroffenen einen gesünderen Lebensstil ermöglichen.

* Wieser et al. 2014. Die Kosten der nichtübertragbaren Krankheiten in der Schweiz.

Links

Kontakt

Antoine Bonvin
Sektion Prävention in der Gesundheitsversorgung

Nach oben