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Umsetzung des elektronischen Patientendossiers: regionale Anbieter, einheitliche Standards

Ausgabe Nr. 138
Okt. 2023
Elektronisches Patientendossier

Aufgrund des föderalen Systems wird das elektronische Patientendossier (EPD) in der Schweiz dezentral eingeführt. Umgesetzt wird es von sieben nach Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) zertifizierten Stammgemeinschaften sowie einer Gemeinschaft. Diese erfüllen alle organisatorischen und technischen Vorgaben sowie die Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit gemäss EPDG.

Ob Spitalaustrittsbericht, Brillenrezept oder Impfausweis: Mit dem EPD haben Patientinnen und Patienten alle Daten zu ihrer Gesundheit jederzeit bei sich und es entsteht erstmals ein einheitlicher Informationskanal für den Austausch von Gesundheitsinformationen. Dazu hat der Bund im Jahr 2017 das EPDG erlassen, welches den rechtlichen Rahmen setzt für die Einführung und Verbreitung des EPD.

8 statt 26 Lösungen

Das EPDG bildet die Basis für den digitalen Datenaustausch in einem landesweit einheitlichen System. Obwohl die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung bei den Kantonen liegt, wird das EPD nicht kantonal, sondern regional durch sieben zertifizierte Stammgemeinschaften und eine Gemeinschaft umgesetzt. Während Gemeinschaften ihr Angebot nur an Fachpersonen und Gesundheitsinstitutionen richten und sich um deren Anschluss ans EPD kümmern, eröffnen Stammgemeinschaften EPD für die Schweizer Bevölkerung.

Mit CARA, einer Initiative der Kantone Freiburg, Genf, Jura, Wallis und Waadt, und Mon Dossier Santé (Kanton Neuenburg) sind zwei zertifizierte Stammgemeinschaften in der Westschweiz etabliert. Emedo (Kanton Aargau), Sanela und eSanita sind Stammgemeinschaften, die ihr Angebot primär auf die Deutschschweiz ausrichten, und Associazione e-Health Ticino (ehti) ist der Tessiner Anbieter. Mit Abilis ist eine Stammgemeinschaft in der ganzen Schweiz aktiv. Personen, die ein EPD eröffnen möchten, können den Anbieter frei auswählen; die Angebote der Stammgemeinschaften stehen allen Bürgerinnen und Bürgern offen, ungeachtet ihres Wohnorts. Auch Gesundheitsfachpersonen und -institutionen haben die freie Wahl aus den acht Anbietern.

Über 400 Zertifizierungsvorgaben

Die (Stamm-)Gemeinschaften müssen alle dieselben rechtlichen, technischen und organisatorischen Zertifizierungsvoraussetzungen erfüllen. Eine von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle anerkannte Stelle führt den formalen Zertifizierungsprozess nach EPDG sowie regelmässige Kontrollen durch. Nur ein EPD-Angebot, das erfolgreich zertifiziert wurde und die hohen Sicherheitsanforderungen umgesetzt hat, ist mit dem offiziellen EPD-Zertifizierungszeichen gekennzeichnet.

Da alle zertifizierten EPD-Anbieter dieselben Vorgaben erfüllen, sind die verschiedenen Systeme untereinander interoperabel. Das bedeutet, dass ihre Plattformen nach demselben Regelwerk vernetzt sind und der schweizweite Datenaustausch über alle zertifizierten Plattformen und angeschlossenen Gesundheitseinrichtungen möglich ist.

Prozesse vereinfachen

(Stamm-)Gemeinschaften stellen die EPD-Plattform zur Verfügung und kümmern sich um die technische Umsetzung hinsichtlich Verwaltung der Dossiers und Vernetzung von Gesundheitsfachpersonen mit ihren Patientinnen und Patienten. Im Moment seien die Prozesse insbesondere bei der EPD-Eröffnung noch zu kompliziert, sagt Patrice Hof, Generalsekretär von CARA und Präsident der Konferenz der (Stamm-)Gemeinschaften: «Wir beobachten zwar ein Interesse und die Bereitschaft, unsere Plattform zu nutzen. Jedoch sind Einrichtung und Nutzung des EPD noch zu wenig attraktiv. Zum Beispiel ist der Aufwand, eine e-ID einzurichten, für die meisten Personen zu gross. Um diesen Prozess zu vereinfachen, haben wir in der Romandie die Identifikation per Video-Erkennung eingeführt.»

Auch für Gesundheitsfachpersonen sei die Arbeit mit dem EPD derzeit noch aufwendig. «Die IT-Systeme der Fachpersonen sind noch nicht an das EPD angeschlossen, sodass die Dokumente manuell auf die EPD-Plattform hochgeladen werden müssen», so Hof. «Die Software-Entwickler müssen diesen Anschluss dringend herstellen, damit mehr Gesundheitsfachpersonen das EPD nutzen.»

Vor- und Nachteile der dezentralen Umsetzung

Die regionale Ausgestaltung bringt viele Vorteile, zum Beispiel hinsichtlich Datensicherheit: Die Daten im EPD sind verschlüsselt an verschiedenen statt an einem zentralen Ort gespeichert. Ein weiterer Vorteil ist, dass die regionalen Besonderheiten des föderalen Gesundheitssystems berücksichtigt werden  können, was bei einem landesweiten Grosskonzept nicht möglich wäre. So können die Kantone und Regionen auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner eingehen, findet auch Patrice Hof. Aber: «Dies bringt auf der anderen Seite den Nachteil mit sich, dass viel Koordinationsarbeit auf technischer Ebene zwischen den Stammgemeinschaften nötig ist.»

Zu einem Mehraufwand kommt es etwa beim Zertifizierungsprozess oder bei der Einführung von strukturierten Daten, sogenannten Austauschformaten, welche aufgrund der dezentralen Ausgestaltung mehrfach implementiert werden müssen. Im Unterschied zu unstrukturierten Dokumenten (zum Beispiel als PDF) ermöglichen Austauschformate wie ein elektronischer Impfpass den einfachen, medienbruchfreien Informationsaustausch zwischen verschiedenen IT-Systemen der Gesundheitsfachpersonen.

Quellen

Bild: eHealth Suisse

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Kontakt

Isabelle Gassmann­-Hofmänner
Information & Befähigung
eHealth Suisse
isabelle.gassmann@e­-health-­suisse.ch

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