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Gesundheit2020: eine gesundheitspolitische Auslegeordnung mit Potenzial

Ausgabe Nr. 98
Mai. 2013
Gesundheitspolitik

Mit der Agenda «Gesundheit2020» hat der Bundesrat eine Gesamtschau über die aktuellen gesundheitspolitischen Herausforderungen und die kurz- und mittelfristigen Handlungsschwerpunkte vorgelegt. Die Umsetzung bietet grosse Chancen für die Weiterentwicklung der Versorgung, aber auch für andere wichtige Anliegen im Bereich Public Health.

Im Frühling 2012 beschloss Bundesrat Alain Berset, eine gesundheitspolitische Agenda mit den Arbeitsschwerpunkten bis 2020 erarbeiten zu lassen. Das Ergebnis sollte zugleich Landkarte und Kompass sein: Die wichtigsten Herausforderungen sollten ebenso sichtbar gemacht werden wie die Antworten darauf im Sinne von konkreten Massnahmen.

Zu diesem Zweck wurden die Einschätzungen von sieben Experten und einer Expertin aus diversen gesundheitspolitischen Bereichen eingeholt. Die Exper­ten/-in legten ihre Sichtweise in Bezug auf die zentralen Herausforderungen in der Gesundheitspolitik, die wichtigsten Handlungsfelder und die nötigen kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen dar. Diese Inputs wurden in der Folge in drei verwaltungsinternen Workshops, an welchen auch Bundesrat Alain Berset und ein Teil der Geschäftsleitung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) teilnahmen, ergänzt und priorisiert.

4 Handlungsfelder, 36 Massnahmen
Das im Januar 2013 vom Bundesrat verabschiedete und veröffentlichte Dokument «Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrats» (Gesundheit2020) bildet die Resultate in einer Form ab, welche die Vielfalt der Themen, Ziele und betroffenen Akteurinnen und Akteure widerspiegelt. Im Zentrum stehen aber immer die Menschen und ihr Wohlbefinden: Die Bedürfnisse der Bevölkerung in Bezug auf die Gesundheit und die Lebensqualität stellen in der «Gesundheit2020» das zentrale und verbindende Element dar.

Die «Gesundheit2020» führt die Zunahme der chronischen Krankheiten, die Notwendigkeit eines Versorgungswandels, die Sicherung der Finanzierung, die mangelnde Steuerbarkeit und die fehlende Transparenz als die zentralen Herausforderungen auf. Diesen Herausforderungen soll in 4 Handlungsfeldern begegnet werden: «Lebensqualität sichern», «Chancengleichheit und Selbstverantwortung stärken», «Versorgungsqualität sichern und erhöhen» sowie «Transparenz schaffen, besser steuern und koordinieren». In jedem Handlungsfeld werden drei Ziele verfolgt, die mit je drei Massnahmen erreicht werden sollen. Daraus resultieren insgesamt 36 Massnahmen, die bis ins Jahr 2020 in unterschiedlicher zeitlicher Priorität umgesetzt werden sollen.

Chronische Leiden, psychische Krankheiten und Sucht
In den ersten beiden Handlungsfeldern werden Themen behandelt, die aus einer Public-Health-Perspektive von besonderer Bedeutung sind. Hier geht es beispielsweise um eine aktive Unterstützung von Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung und Prävention, um die Stärkung der Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem, um Gesundheitskompetenz und um das komplexe, aber wichtige Thema der sozialen Gerechtigkeit, welches die Nähe der Gesundheitspolitik zu anderen Politikbereichen erfordert.

Dem Ziel 1.3, «Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung intensivieren», sind drei Massnahmen zugeordnet: Erstens sollen Prävention und Früherkennung unter dem Aspekt der Vorbeugung nichtübertragbarer Krankheiten verbessert angegangen werden. Die «Gesundheit2020» trägt somit den Perspektivenwechsel mit, dass das eigentliche Ziel der Prävention nicht eine Verhaltensänderung per se sein soll, sondern die Verminderung der Krankheitslast. Diese Massnahme schliesst eng an die Versorgungsziele der «Gesundheit2020» an: Die Präventionsangebote sollen stärker in die Versorgung integriert werden. Entsprechend umfasst die ganz am Anfang in der «Gesundheit2020» aufgeführte Massnahme zur Verbesserung der integrierten Versorgung ebenfalls die Früherkennung und begründet sich explizit auch in
der Zunahme der nichtübertragbaren Krankheiten. Als zweite Massnahme unter dem Ziel «Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung intensivieren» wird die Förderung der psychischen Gesundheit und die Vorbeugung sowie Früherkennung psychischer Krankheiten aufgeführt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Zunahme der Krankheitslast durch chronische Krankheiten teilweise auf die Prävalenz psychischer Krankheiten, besonders der Depressionen, zurückzuführen ist. Die dritte Massnahme in diesem Bereich hat die Suchtprävention als Thema und beleuchtet dabei auch die neuen Suchtformen, zum Beispiel die Internetsucht.  

In allen drei Präventionszielen werden der Arbeitsplatz bzw. die Unternehm­ungen als Setting explizit genannt, einerseits allgemein im Sinne der Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz, an­dererseits auch mit dem spezifischen Ziel, die Ausgliederung aus dem Arbeitsprozess bei psychischen Problemen zu verhindern. Im Suchtbereich geht es darum, die schädlichen Auswirkungen nicht nur auf die Betroffenen und ihr direktes Umfeld, sondern auch auf die Unternehmungen zu reduzieren.

Chancengleichheit und Gesundheitskompetenz
Im Handlungsfeld «Chancengleichheit und Selbstverantwortung stärken» befasst sich insbesondere das erste Ziel, «Finanzierungsgerechtigkeit und Zugang stärken», mit der Stärkung vulnerabler Bevölkerungsgruppen im Gesundheitssystem. Dies wird zum einen über die Intensivierung von Programmen geschehen, wie wir sie zum Beispiel im Bereich Migration und Gesundheit kennen. Zum anderen soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Bereich der Krankheits- und Unfallversicherung vermehrt berücksichtigt werden. Das Handlungsfeld «Chancengleichheit und Selbstverantwortung stärken» umfasst nicht nur das Ziel Finanzierungsgerechtigkeit und Zugang, sondern auch die Ziele «Gesundheit durch Effizienzsteigerungen bezahlbar halten» sowie «Versicherte und Patienten/-innen stärken». Damit kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass nicht nur eine vernünftige Kostenpolitik, die sich auf die Förderung der Effizienz abstützt, sondern beispielsweise auch die Förderung der Gesundheitskompetenz Elemente sind, welche nebeneinander für die Gewährleistung eines nachhaltigen und gerechten Zugangs zum Gesundheitssystem erforderlich sind.

In der breitgefächerten Strategie «Gesundheit2020» haben auch die Themen Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung sowie die sozialen Gesundheitsdeterminanten ihren Platz gefunden. Dies bietet eine grosse Chance für das Weiterkommen in vielen wichtigen gesundheitspolitischen Dossiers.

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Kontakt

Margreet Duetz Schmucki, Leiterin der Sektion Nationale Gesundheitspolitik,margreet.duetzschmucki@bag.admin.ch

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