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Alte und neue Herausforderungen für Polizei und Suchthilfe im öffentlichen Raum

Ausgabe Nr. 98
Mai. 2013
Gesundheitspolitik

Nationale Fachtagung zur Zusammenarbeit von Suchthilfe und Polizei. Am 13. März 2013 fand die erste Fachtagung der Arbeitsgruppe SuPo (Suchthilfe und Polizei) seit sechs Jahren unter dem Motto «Öffentlicher Raum, Suchthilfe, Polizei – eine Zusammenarbeit im Wandel» statt. Rund 270 Fachleute aus der Suchthilfe und der Polizei reisten nach Biel, um sich über gute Beispiele der Zusammenarbeit zwischen diesen zwei Berufsgruppen auszutauschen. Das Patronat hatte die Städtische Konferenz der Beauftragten für Suchtfragen (SKBS) übernommen.

Der Konsum illegaler und legaler Substanzen manifestiert sich nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch im öffentlichen Raum. Waren es um 1990 junge Menschen, die unter gesundheitlich höchst bedenklichen Umständen auf dem Platzspitz in Zürich oder im Kocherpark in Bern öffentlich Heroin konsumierten, so ist es heute vorab (exzessiver) Alkoholkonsum, der in Städten und auf dem Land auffällt. Während für die Heroinkonsumierenden mit Kontakt- und Anlaufstellen, Spritzenbussen oder Notschlafstellen Angebote der Überlebenshilfe geschaffen wurden, sucht die Gesellschaft noch nach einem adäquaten Umgang mit den Alkoholkonsumierenden von heute. Allerdings stellen sich damals wie heute Fragen der öffentlichen Gesundheit ebenso wie der öffentlichen Sicherheit.

Früher die offene Drogenszene …
Ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz der Viersäulen-Drogenpolitik war die Frage, wie die genannten niederschwelligen Angebote stadtverträglich gestaltet werden konnten. Anwohner dieser Institutionen waren zuerst skeptisch und befürchteten offene Drogenszenen vor ihrer Haustüre. Erst durch gezielte Absprachen zwischen den Zuständigen für die Kontakt- und Anlaufstellen und der Polizei konnte sichergestellt werden, dass die süchtigen Menschen ungehindert Zugang zu den Hilfsangeboten erhalten konnten und dass gleichzeitig das Sicherheitsempfinden der Anwohner/-innen gewährt blieb. Dies war nur möglich, indem die Verantwortlichen der Suchthilfe und der Polizei konkrete Probleme des Alltags gemeinsam angingen.

... heute die Alkoholexzesse
Auch heute geht es im Zusammenhang mit den Alkoholexzessen nicht nur um öffentliche Ruhe und Ordnung. Vielmehr hat übermässiger Konsum von Alkohol und anderen Substanzen zur Folge, dass direkte und indirekte Gefährdungen für die Gesundheit der Einzelnen und ganzer Gruppen auftreten können. Stichworte hierfür sind Gewalt, Alkoholvergiftungen, ungeschützter Geschlechtsverkehr u.a. Heute geht es also nicht mehr nur darum, ein Zusammengehen von Suchthilfe und Polizei zur Versorgung schwerstabhängiger Menschen zu gewährleisten, sondern auch darum, gemeinsame Wege für den Umgang mit exzessivem Substanzkonsum im öffentlichen Raum zu finden.

Suche nach positiven Beispielen
Die rund 270 Fachleute reisten nach Biel, um sich einen Tag lang über gute Formen der Zusammenarbeit auszutauschen. Es gab verschiedene Beispiele, die sich eher traditionellen Fragen widmeten wie jener der Zusammenarbeit rund um eine Kontakt- und Anlaufstelle, beispielsweise in Genf und Bern. Andere Beispiele berichteten über runde Tische mit Clubbetreibern, der Polizei und Street Work, um gemeinsam ein Gleichgewicht von Ausgehvergnügen, Sicherheit und Informationsarbeit zu gesundheitlichen Risiken zu finden. Des Weiteren wurden Modelle präsentiert, in denen die Polizei und Präventionsfachleute gemeinsam Aufklärungsarbeit an Schulen machen oder in denen Ansätze diskutiert werden, wie gegen Gewaltvorkommnisse im Zusammenhang mit übermässigem Alkoholkonsum vorgegangen werden kann. Zu guter Letzt gab es zwei Workshops, die eher theoretische Zugänge wählten und der Frage nachgingen, wie sozialer Raum über den öffentlichen (übermässigen) Konsum gestaltet wird, und welches die Motive hinter dem (nicht immer exzessiven) Alkoholkonsum Jugendlicher sind.

Fruchtbare Zusammenarbeit von Suchthilfe und Polizei
Die Arbeitsgruppe Suchthilfe und Polizei (AG SuPo) wurde in den 1990er-Jahren im Zusammenhang mit den offenen Drogenszenen gegründet. Ihr Tätigkeitsgebiet umfasst neben der Organisation von Fachtagungen auch Bestrebungen, die jeweiligen Aspekte in die Aus- und Weiterbildung der Suchthilfe und der Polizei zu integrieren. Ziel der AG SuPo ist es nicht, Regulierungsmodelle zu propagieren oder Politikanweisungen zu geben. Vielmehr fördert sie den Austausch zwischen Fachleuten im Rahmen bestehender gesellschaftspolitischer und gesetzlicher Rahmenbedingungen. Denn unabhängig davon, ob Cannabis legal oder Alkohol teurer ist, muss es ein Anliegen der Fachleute im Bereich der öffentlichen Gesundheit ebenso wie jener aus dem Bereich der öffentlichen Sicherheit sein, funktionierende Lösungen für die unter einem spezifischen Regulierungsmodell entstehenden Probleme zu finden. Dafür sind regelmässiger Austausch, gegenseitiges Verständnis für die oft unterschiedlichen und manchmal widersprüchlichen Aufträge und das Wissen um gute Modelle für eine fruchtbare Zusammenarbeit zentral. Dies wiederum ist in der Städtischen Konferenz der Beauftragten für Suchtfragen (SKBS) Alltag, vereinigt sie doch Fachleute und Verantwortliche in Schweizer Städten aus dem Bereich der Suchthilfe ebenso wie aus dem der Polizei zum Austausch über politische und fachliche Aspekte ihrer täglichen Arbeit.
Informationen zur Tagung und Tagungsdokumentation unter: www.infodrog.ch

Mitgliederorganisationen der AG SuPo

– Bundesamt für Gesundheit: www.bag.admin.ch
– Bundesamt für Polizei: www.fedpol.admin.ch
– Infodrog: www.infodrog.ch
– Schweizerischer Verband der Polizei­beamten/-innen: www.vspb.ch
– Schweizerische Kriminalprävention: www.skppsc.ch
– Städtische Konferenz der Beauftragten für Suchtfragen: http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/00624/00625/index.html?lang=de

Kontakt

Astrid Wüthrich, Sektion Drogen, astrid.wuethrich@bag.admin.ch

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