Viel Feuer für weniger Rauch
Jan. 2011Nationale Präventionsprogramme
Nationales Programm Tabak 2008–2012 (NPT 2008–2012). «Die tabakbedingten Todes- und Krankheitsfälle in der Schweiz sind reduziert.» Mit dieser Mission hat der Bundesrat im Jahr 2008 das NPT 2008–2012 verabschiedet und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit dessen Umsetzung beauftragt. Wie haben sich Tabakkonsum und -prävention in der Schweiz seither entwickelt? Eine Zwischenbilanz.
Die Zahlen des Tabakmonitorings Schweiz belegen beachtliche Erfolge der Tabakprävention: Der Anteil Rauchender in der 14- bis 65-jährigen Wohnbevölkerung ist von 33% (2001) auf 27% (2009) zurückgegangen. Besonders erfreulich ist dabei der deutliche Rückgang der Rauchenden bei den 14- bis 19-Jährigen um neun Prozentpunkte auf 22% (2009). Ein positiver Trend ist auch beim Passivrauchen zu verzeichnen: Waren 2002 noch 35% der 14- bis 65-jährigen Wohnbevölkerung starkem «Fremdqualm» ausgesetzt, waren es 2008 noch 21%. Dazu beigetragen hat vor allem die starke Zunahme der rauchfreien Arbeitsplätze. 82% der Erwerbstätigen arbeiten heute in Betrieben mit einem allgemeinen Rauchverbot oder mit besonderen Raucherzonen. 2002 waren es erst 58%. Auch in Sachen Wissen und Einstellung hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung weiss um die Schädlichkeit des Rauchens und befürwortet zu 74% (2009) generelle Rauchverbote in Restaurants, Cafés und Bars. Den Rauchenden fällt es zudem mehrheitlich nicht schwer, bei geltendem Rauchverbot in Restaurants, Cafés und Bars oder bei der Arbeit auf das Rauchen zu verzichten (Tabakmonitoring Schweiz, 2009). Interessante Resultate liefert auch die Studie der Fachhochschule Zürich und der Universität Neuenburg, die das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Tabakprävention errechnet hat. Demnach weisen die Präventionsmassnahmen im Tabakbereich einen Return on Investment (ROI) von 41 auf. Das heisst, jeder Tabakpräventionsfranken hat einen gesamtgesellschaftlichen Nettogewinn von 41 Franken erbracht resp. Kosten von 41 Franken verhindert.
Trotz der positiven Entwicklungen ist der Handlungsbedarf in der Tabakprävention nach wie vor hoch. Jährlich fordert der Tabakkonsum in der Schweiz mehr als 9 000 Tote. Das Rauchen ist und bleibt die wichtigste Einzelursache für den Verlust von Lebensqualität und Lebensjahren. Die Tabakprävention muss daher im Fokus der öffentlichen Gesundheit bleiben.
Vier zentrale Handlungsfelder
Um die drei Oberziele (siehe Kasten) des NPT 2008–2012 zu erreichen, müssen weiterhin die vier zentralen Handlungsfelder bearbeitet werden. Es handelt sich dabei um die Bereiche «Information und Meinungsbildung», «Gesundheitsschutz und Marktregulierung», «Verhaltensprävention» und «Koordination und Zusammenarbeit».
1) «Information und Meinungsbildung»: von der Sensibilisierung zur Aktivierung
Ein wichtiges Ziel des NPT 2008–2012 ist es, die Bevölkerung und einzelne Zielgruppen für die schädlichen Folgen des Rauchens weiter zu sensibilisieren und das Nichtrauchen als gesellschaftliche Selbstverständlichkeit zu verankern. Die Tabakprävention – welche idealerweise neben dem Konsumenten selbst auch dessen Umfeld berücksichtigt – soll im Fokus der Politik und der Öffentlichkeit bleiben. Die BRAVO-Kampagne (www.bravo.ch), die bis Anfang 2010 lief, hat diese Aufgabe gut erfüllt. Sie wurde mit dem ersten Swiss Lung Cancer Journalism Award für die beste (massen-)mediale journalistische und PR-Arbeit zum Thema Prävention von Lungenkrebs ausgezeichnet. Die neue Kampagne «SmokeFree» setzt hier an und will noch weiter gehen: Mit einer Prise Humor und positiven Botschaften zielt sie darauf ab, das Nichtrauchen weiter zu fördern.
2) «Gesundheitsschutz und Marktregulierung»: Gesetze und Steuerpolitik weiter ausbauen
Im Zentrum dieses Handlungsfelds stehen die vielfältigen Bestrebungen, die gesundheitsschädigende Wirkung des Tabakkonsums durch strukturelle Massnahmen einzudämmen. So sollen die gesetzlichen Grundlagen zu Konsum, Herstellung, Vertrieb, Werbung etc. von Tabakprodukten jeweils den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Wirksamkeit von Präventionsmassnahmen und den international geltenden Standards angepasst werden. Seit dem 1. Mai 2010 ist ausserdem das neue Bundesgesetz in Kraft, das schweizweit geltende Minimalanforderungen für den Schutz vor Passivrauchen festlegt.
Neben Gesetzesbestimmungen sind auch Tabaksteuererhöhungen ein äusserst wirksames Präventionsinstrument. Wie eine Studie von BAG und EZV zeigt, hatte die Steuererhöhung um 30 Rappen im Jahr 2006 durchwegs positive Effekte: Die Einnahmen waren gestiegen, Schmuggel und Schwarzmarkt sind unbedeutend geblieben und der Tabakkonsum war zurückgegangen. Seither gab es weitere Steuererhöhungen, und ab dem 1. Januar 2011 wird eine Schachtel Zigaretten erneut 20 Rappen teurer werden.
Ein weiteres Projekt regulatorischer Natur im Rahmen des aktuellen NPT 2008–2012 ist die Erarbeitung eines neuen Tabakproduktegesetzes. Mit diesem sollen die geltenden Vorschriften zu Tabakprodukten in einem Erlass ausserhalb des Lebensmittelrechts erfasst werden.
3) «Verhaltensprävention»: BAG mit subsidiärer Rolle
Im Zentrum der Verhaltensprävention stehen all jene Aktivitäten, die auf die Vermeidung oder Verminderung von gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen abzielen. Die Federführung für Massnahmen der Verhaltensprävention liegt bei den Kantonen, Gemeinden und Präventionsinstitutionen. Das BAG tritt in diesem Handlungsfeld nur subsidiär in Erscheinung. Das NPT 2008–2012 setzt den Fokus dabei auf die Jugendlichen. Gerade junge Nichtrauchende sollen darin unterstützt werden, mit Rauchen gar nicht erst anzufangen. Der zweite Fokus liegt auf der Förderung des Rauchstopps. Seit Anfang 2010 wird mit den neuen kombinierten Bild- und Textwarnhinweisen auf Tabakprodukten auch auf die Rauchstopplinie 0848 000 181 hingewiesen. Die Rauchstopplinie wird vom Tabakpräventionsfonds finanziert und von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz und der Krebsliga Schweiz betrieben.
4) «Koordination und Zusammenarbeit»: Verbindungen zu Kantonen stärken
Die Koordination der Massnahmen im Rahmen des NPT 2008-2012 und die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist eine Schlüsselaufgabe des BAG. Die strategische und operative Leitung des NPT 2008–2012 hat ihre Arbeit bereits 2008 aufgenommen. In Zukunft sollen Synergien noch stärker genutzt und der Erfahrungsaustausch intensiviert werden. Insbesondere mit den Kantonen soll der Kontakt und die Zusammenarbeit verstärkt werden. Mittel dazu ist u.a. die Kantonskarte auf der BAG-Website. Diese wird laufend aktualisiert und informiert über kantonale Bestimmungen in den Bereichen Passivrauchschutz, Abgabeverbote und Werbeeinschränkungen.
Das BAG verfolgt auch laufend die aktuelle Entwicklung rund um den Tabakkonsum. Nur so kann eine zeitgemässe und wirksame Tabakprävention betrieben werden.
Nationales Programm Tabak 2008–2012: das Wichtigste in Kürze
Mission: Die tabakbedingten Todes- und Krankheitsfälle in der Schweiz sind reduziert.
Oberziel 1: Der Anteil der Rauchenden in der Wohnbevölkerung der Schweiz ist von 29% (2007) auf rund 23% gesunken.
Oberziel 2: Der Anteil der Rauchenden in der Altersgruppe der 14- bis 19-Jährigen ist von 24% (2007) auf unter 20% gesunken.
Oberziel 3: Der Anteil der Personen, die wöchentlich 7 Stunden oder mehr dem Tabakrauch anderer Personen (Passivrauchen) ausgesetzt sind, ist von 27% (2006) auf rund 5% gesunken.
Aktuelle Aktivitäten
– Passivrauchen: Unterstützung beim Vollzug des Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen
– Erarbeitung eines Tabakproduktegesetzes, in Verbindung mit dem Abschluss des Gesundheitsabkommens mit der EU und der Ratifizierung der WHO-Tabakkonvention (FCTC)
– Erhöhungen der Tabaksteuer, Schmuggelbekämpfung
– Implementierung einer neuen Tabakpräventionskampagne
– Vorbereitung des nationalen substanzübergreifenden Suchtmonitorings
Weitere Informationen zum NPT 2008–2012: http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00041/index.html?lang=de
Kontakt
Joëlle Pitteloud, Sektion Tabak, joelle.pitteloud@bag.admin.ch