Aktiv gegen Stigmatisierung von psychischen Krankheiten
Mai. 2016Psychische Gesundheit
Projekte/Aktionstage. Obwohl psychische Krankheiten in den letzten Jahren stark an Aufmerksamkeit gewonnen haben, sind Erkrankungen wie Depressionen, Burnout oder Psychosen immer noch mit Stigmata und Tabus belegt. Während dem Bund die gesetzliche Grundlage fehlt, um in diesem Bereich präventiv zu wirken, engagieren sich viele NGOs mit Kampagnen und anderen Aktivitäten für die Prävention, die Entstigmatisierung und die Aufklärung im Bereich psychische Krankheiten. Eine kleine Tour d’Horizon.
«Wie geht’s dir?» (Pro Mente Sana/Kanton Zürich)
Ein Gespräch ist oft der erste Schritt zur Linderung oder Heilung von psychischen Krankheiten. Doch für viele Betroffene ist gerade dieser erste Schritt der schwierigste. Die Kampagne «Wie geht’s dir?» wird zurzeit von Pro Mente Sana und den Kantonen Zürich, Aargau, Bern, Graubünden, Luzern, Schwyz und Thurgau sowie der Coordination Romande des Associations d’Action en Santé Psychique (CORAASP) getragen. Seit 2013 gibt es neben Plakaten eine Website mit Gesprächstipps für Betroffene und deren Umfeld (Bild oben). Weitere Inhalte sind Informationen über die verschiedenen psychischen Krankheiten, über deren Prävention sowie über Hilfsangebote. Die ersten Kampagnenwellen waren zum Thema Arbeit und Psyche, ab Herbst 2016 steht ein neues Thema im Fokus. www.wie-gehts-dir.ch
«Wahn oder Wirklichkeit» (Kanton Basel-Stadt)
Die Kampagne «Wahn oder
Wirklichkeit – für Sie ein Plakat, für
Psychose-Erkrankte Realität» wurde 2014 vom Kanton Basel-Stadt lanciert. Kern
der Kampagne sind 30 Plakate, die die Symptome einer schizophrenen Psychose
bildlich darstellen. Dazu wurden surreale Elemente in eine alltägliche Szene
integriert, zum Beispiel eine düstere Gestalt in einen Kleiderladen oder eine
Fratze in ein Efeugewächs. Ziel ist es, die Bevölkerung für schizophrene
Erkrankungen zu sensibilisieren, Empathie für die Betroffenen zu fördern und zu
informieren, dass schizophrene Psychosen behandelbar sind. Die Plakatkampagne
wird begleitet von vertiefenden Informationen und einer Broschüre zum Thema. www.alles-gute-basel.ch
«Ich bin leer» (Pro Infirmis)
Eine Depression oder eine andere psychische Erkrankung kann sich ebenso wie eine körperliche Einschränkung behindernd auf das Leben der Betroffenen und der Angehörigen auswirken. Fast ein Drittel der Fälle der Behindertenorganisation Pro Infirmis beziehen sich auf psychische Probleme. Mit dem Film «Ich bin leer» rückt Pro Infirmis in ihrer 2014 lancierten Kampagne die psychische Behinderung in den Mittelpunkt. Der Film zeigt einen Tag im Leben eines schwer depressiven Mannes, der kaum aus dem Bett kommt, Kontakte vermeidet und keine Gefühle mehr spürt. Die Kampagne unter dem Motto «Kommen Sie näher» fordert dazu auf, sich mit Betroffenen auseinanderzusetzen und hinzusehen. Denn anders als körperliche Behinderungen sind psychische Beeinträchtigungen für Aussenstehende oft nur schwer erkennbar. www.proinfirmis.ch
10 Schritte für die psychische Gesundheit (Netzwerk Psychische Gesundheit Schweiz, NPG, Kanton Aargau)
Die meisten Menschen wissen, wie sie ihre körperliche Gesundheit fördern können – durch eine gesunde Ernährung oder durch tägliche Bewegung. Psychische Gesundheit und was man ganz einfach selber dafür tun kann, wird jedoch kaum thematisiert. Die Kampagne «10 Schritte für psychische Gesundheit» liefert Denkanstösse zur individuellen Förderung der psychischen Gesundheit. Die Kampagne veranschaulicht diese mit einfachen Piktogrammen. Seit Mitte 2014 verwaltet das NPG die Nutzungsrechte der «10 Schritte» und stellt sie seinen Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Das Projekt stammt aus Oberösterreich und wurde vom Kanton Zug in die Schweiz geholt. Der Kanton Aargau hat in diesem Jahr einen Kurzfilm dazu veröffentlicht. Der Kurzfilm zeigt, welche 10 Schritte im Alltag für den Aufbau und den Erhalt der psychischen Gesundheit unternommen werden können. Im Film sieht man 10 Kurzporträts von Aargauerinnen und Aargauern, die in ihrem Alltag mit einfachen Mitteln mit einem dieser Schritte etwas für ihre psychische Gesundheit tun.
Link Netzwerk: www.npg-rsp.ch
Link Kanton Aargau: www.ag.ch
«Stopp Cyber-Mobbing» (Pro Juventute)
Hänseleien via SMS oder Verleumdungen auf Facebook: Mobbing-Attacken aus der virtuellen Welt verursachen sehr reale psychische Verletzungen. Die Kampagne «Stopp Cyber-Mobbing» (2012) von Pro Juventute animiert Jugendliche, gegen Cyber-Mobbing vorzugehen, und zeigt ihnen, was sie gegen diese Angriffe unternehmen können und dass sie bei der Notrufnummer 147 Hilfe erhalten. Eltern und Schulen werden über das Cyber-Mobbing informiert und darüber, wie sie Jugendliche unterstützen können. Die Kampagne sensibilisiert die ganze Öffentlichkeit. Sie besteht aus einer Kampagnenplattform, einem TV-Spot, Plakaten, einer Facebook-Aktion und Merkblättern.www.projuventute.ch
«Stopp Jugendsuizid» (Pro Juventute)
Bei Jugendlichen in der Schweiz ist Suizid die zweithäufigste Todesursache. Bei der Beratung + Hilfe 147 der Pro Juventute melden sich täglich mindestens zwei Kinder oder Jugendliche, die Suizid begehen wollen. Mit einer nationalen Präventionskampagne sensibilisiert Pro Juventute seit 2011 die Bevölkerung für das Thema Jugendsuizid und macht auf die Soforthilfe via Telefonnummer 147 aufmerksam. Die Kampagne besteht aus einem TV-Spot, einer Informationskampagne an Schulen und in Jugendtreffs und aus einer Kampagnen-Plattform mit Informationsmaterialien zum Thema. www.projuventute.ch
«Freiraum – mehr Platz für Kinder» (Pro Juventute)
Gemäss Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht auf freies Spiel. Mit der Kampagne «Freiraum – mehr Platz für Kinder» fordert Pro Juventute dieses Recht ein und ruft Eltern, Kinder und Fachleute dazu auf, für Kinder mehr Platz im öffentlichen Raum zu schaffen und diesen kindgerecht zu gestalten und zu pflegen. Kinder sollen dabei aktiv mitwirken und auf die Gestaltung Einfluss nehmen können. Die Kampagne besteht aus Plakaten, einer Schnitzeljagd-App für Kinder sowie aus Infoblättern für Kinder und Infoblättern für Eltern und Fachpersonen. www.projuventute.ch
«Für Menschen, die vom Glück verlassen wurden» (Heilsarmee)
Im Rahmen ihrer Kampagne «Für Menschen, die vom Glück verlassen wurden» macht die Heilsarmee seit 2013 auch auf Mobbing-Opfer und Burnout-Betroffene aufmerksam. In sogenannten Fülleranzeigen (Bild links) sensibilisiert die Heilsarmee die Bevölkerung für Menschen mit psychischen Problemen und Krankheiten. Verlage können mit der kostenlosen Schaltung einer solchen Anzeige das Engagement der Heilsarmee unterstützen. www.heilsarmee.ch
«Psychisch krank? Kein Tabu!» (Werner Alfred Selo Stiftung, unterstützt vom Kanton Zug und weiteren)
Mit kreativen «Sprechhilfen» will die Kampagne «Psychisch krank? Kein Tabu!» Mut zum Reden machen. Dies macht die Kampagne spielerisch mittels mit uns «sprechenden» Gegenständen. Sie geben uns ein Beispiel, indem sie ihre Probleme beim Namen nennen: «Ich bin geknickt», sagt der gefaltete Flyer, «Ich bin am Boden», seufzt ein Bodenkleber, «Ich habe keinen Halt», ächzt ein abrollendes Plakat. Damit stellt die Kampagne den Bezug zum menschlichen Befinden her und will Mut machen, psychische Leiden ernst zu nehmen und sie offen anzusprechen. www.kein-tabu.ch
Aktionstage
Der 10. Oktober ist der internationale Tag der psychischen Gesundheit. Anlässlich dieses Welttags veranstalten diverse Organisationen in der Schweiz jährlich Aktionen zum Thema. Ausserdem finden rund um dieses Datum und während der Herbstmonate viele weitere Aktionstage zum Thema psychische Gesundheit statt. Zum Beispiel die Berner Aktionstage psychische Gesundheit, die Aktionstage psychische Gesundheit im Kanton Solothurn oder die Aktionstage psychische Gesundheit im Kanton Aargau. Neben Vorträgen, Filmvorführungen und Podiumsdiskussionen gibt es interaktive Veranstaltungen wie gemeinsam Essen zubereiten oder theaterpädagogische Workshops.www.psychische-gesundheit-bern.ch