Erfolge im Umgang mit dem Drogenproblem
Mär. 2012Gesundheit im Gefängnis
MaPaDro lll. Das dritte Massnahmenpaket des Bundes zur Verringerung der Drogenprobleme (MaPaDro III 2006–2011) hat Wirkung gezeigt. Das bestätigt eine Evaluation des Projekts. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Fortschritte im Umgang mit dem Drogenkonsum und dessen Folgen.
Die offenen Drogenszenen der 1980er-Jahre sind verschwunden. Das Drogenproblem scheint damit für die Bevölkerung und die Politik unter Kontrolle zu sein. Doch der Drogenkonsum bleibt ein gesellschaftliches Problem. Rund die Hälfte der heutigen 15- bis 16-Jährigen hat bereits Erfahrungen mit Cannabis gemacht. Rund 26 000 Erwachsene konsumieren regelmässig Heroin und/oder Kokain. Jährlich sterben etwa 250 Menschen an den Folgen des Konsums harter Drogen. In letzter Zeit haben zudem neue psychoaktive Substanzen (Designerdrogen, Medikamente) an Bedeutung gewonnen. Die volkswirtschaftlichen Kosten für die Behandlung, die Bekämpfung und die Prävention des Konsums illegaler Drogen belaufen sich jährlich auf rund 4,1 Milliarden Franken. Mit dem MaPaDro soll diesen Entwicklungen entgegengewirkt werden. Seine Oberziele sind die
– Verringerung des Drogenkonsums
– Verminderung der negativen Folgen für die Konsumierenden
– Verminderung der negativen Folgen für die Gesellschaft
Das MaPaDro III (2006–2011) wird von der Sektion Drogen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei (fedpol) und dem Bundesamt für Justiz umgesetzt, und zwar gemäss einem vom BAG erarbeiteten Aktionsplan. Das waren die zentralen Aktivitäten und Ereignisse der letzten Jahre:
Revision des Betäubungsmittelgesetzes
Das wichtigste Ereignis in der schweizer Drogenpolitik war die Verabschiedung des revidierten Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) im Jahr 2008. Damit erhielt die Schweizer Drogenpolitik mit den vier Säulen Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression eine gesetzliche Grundlage. Das Vier-Säulen-Modell wurde bereits im Rahmen des MaPaDro I (1991–1996) entwickelt und mit dem MaPaDro II (1998–2002) in den Kantonen und Gemeinden verankert.
Früherkennung und Frühintervention (F+F)
Von zentraler Bedeutung für die Drogenprävention waren und sind die Entwicklung, die Verbreitung und die Verankerung der Früherkennung und Frühintervention (F+F). Mit diesem Ansatz sollen gefährdete Kinder und Jugendliche frühzeitig erkannt und unterstützende Massnahmen eingeleitet werden. Dafür wurde u.a. das Pilotprogramm F+F in Schulen und Gemeinden lanciert. Dabei entwickeln Schulen und Gemeinden ein F+F-Management, mit dem z.B. Prozesse, Aufgaben und Kompetenzen der verschiedenen Akteure definiert werden. Zusammen mit Fachinstitutionen werden dafür Arbeitsinstrumente erarbeitet, Beispiele guter Praxis verbreitet und der Erfahrungsaustausch organisiert.
Weiter publizierte der Fachverband Sucht und die GREA (Groupement romand d’étude des addictions) mit Unterstützung des BAG F+F-Broschüren mit einem Vorgehensmodell für die Früherkennung und Frühintervention bei
gefährdeten Kindern und Jugendlichen sowie mit Empfehlungen und Praxisbeispielen. 2012 erscheint zudem eine Publikation der Hochschule Luzern zu
entsprechenden Rechtsgrundlagen für Schulen und Gemeinden.
Konsolidierung im Bereich Therapie
Qualitätsentwicklung in der Suchthilfe
Die Qualitätsnorm QuaTheDA (Qualität Therapie Drogen Alkohol), die ursprünglich auf den stationären Bereich beschränkt war, ist mittlerweile auf die ambulanten Tätigkeitsfelder im Suchtbereich ausgeweitet worden. Damit ist die Qualitätsentwicklung auch im niederschwelligen Bereich der Suchthilfe entscheidend vorangetrieben worden. Heute sind 88 Trägerschaften mit insgesamt 180 Betrieben nach der Qualitätsnorm QuaTheDa zertifiziert.
Auch die regelmässige Erfassung der KlientInnenzufriedenheit ist auf den ambulanten Bereich ausgeweitet worden. Die KlientInnenzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator für das Optimierungspotenzial eines Qualitätsmanagementsystems. QuaTheDA deckte bisher nur die Struktur- und Prozessqualität ab. Jetzt wurde auch ein Konzept zur Messung der Ergebnisqualität entwickelt. Damit wird das Projekt QuaTheDA um die dritte Dimension der Qualität, die Ergebnisqualität, erweitert (QuaTheDA-E).
Substitutionsgestützte Behandlung
Methadon- und Buprenorphingestützte Behandlung: Bei dieser Behandlung wird eine illegales Opiat durch ein ärztlich verschriebenes, legales Medikament (z.B. Methadon oder Diacetylmorphin) ersetzt. Ergänzt wird diese Behandlung durch psychosoziale Massnahmen. Diese Therapieform kommt bei rund zwei Dritteln der heroinabhängigen PatientInnen (ca. 17 000 Personen in der Schweiz) zur Anwendung.
60% der Substitutionstherapien werden von medizinischen Grundversorgern vorgenommen. Zur Förderung der Behandlungsqualität hat die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin Empfehlungen erarbeitet, die sich auf die medizinischen Aspekte der Substitutionsbehandlung beziehen. Mit diesen sowohl von den Fachverbänden wie auch von der Vereinigung der KantonsärztInnen anerkannten Empfehlungen für die Substitutionsbehandlung sind die Voraussetzungen für eine Harmonisierung der Substitutionspraxis in der Schweiz geschaffen worden (weitere Informationen unter http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/00629/00798/index.html?lang=de). In einem weiteren Schritt wurden die Empfehlungen mit einer praktischen Anleitung für die Hausärzte ergänzt (www.praxis-suchtmedizin.ch).
Heroingestützte Behandlung
Mit der heroingestützten Behandlung (HeGeBe) wird schwer Heroinabhängigen geholfen, die mit anderen therapeutischen Massnahmen nicht erreicht werden können. Sie beinhaltet eine reglementierte und kontrollierte Verschreibung von pharmazeutischem Heroin und wird von einer psychosozialen Betreuung und einer ärztlichen Behandlung begleitet. Nach langjähriger Erfahrung und wissenschaftlicher Begleitung ist mit dem revidierten BetmG und der Betäubungsmittelsuchtverordnung (BetmSV) die gesetzliche Grundlage für die HeGeBe geschaffen worden. Schweizweit wird die HeGeBe in 23 Zentren angeboten. Die Zahl der PatientInnen ist seit Jahren stabil und liegt bei rund 1300 Personen.
Schadensminderung auf neuen Terrains
Das BAG hat den Auftrag, Kantone, Gemeinden und Institutionen bei der Umsetzung der Schadensminderung zu unterstützen. Früher stand die Überlebenshilfe von Heroinabhängigen im Vordergrund (Anlaufstellen, Spritzenaustauschprogramme etc.). Aufgrund der veränderten Konsumgewohnheiten hat sich das Tätigkeitsfeld der Schadensminderung ausgeweitet (z.B. auf das Nachtleben und den Freizeitbereich). Aus diesem Grund hat das BAG zusammen mit ExpertInnen der Suchthilfe und Prävention «Good Practice»-Beispiele zur Umsetzung der Schadensminderung zusammengetragen. Aktuell ist eine Publikation in Arbeit, mit der dieses Wissen einer breiteren Fachwelt zugänglich gemacht werden soll.
Nächste Schritte
Das MaPaDro III wurde im Jahr 2011 evaluiert. Die Evaluatoren kommen zum Schluss, dass mit der Umsetzung des MaPaDro III in Bezug auf alle drei Oberziele wesentliche Fortschritte gemacht wurden. Vor diesem Hintergrund wird nun der Aktionsplan des MaPaDro III an die veränderte Problemlage angepasst. Die Massnahmen werden auf das revidierte BetmG ausgerichtet und den aktuellen Trends in der Praxis sowie den neuen Konsum- und Suchtformen (z.B. Mischkonsum) angepasst. Der neue, mit den Massnahmen des fedpol ergänzte Aktionsplan wird voraussichtlich Mitte 2012 auf der Website des BAG aufgeschaltet.
Kontakt
Markus Jann, Leiter Sektion Drogen, markus.jann@bag.admin.ch