«Nicht mehr alles Machbare tun, zugunsten der Seelenruhe»
Sep. 2014Lebensqualität im Alter
Palliative Care. Wenn nicht mehr Heilung oder lebensverlängernde Massnahmen, sondern Leidenslinderung und die ganz persönliche Lebensqualität des Patienten im Zentrum stehen, spricht man von Palliative Care. Diese wird in der Alterspflege zunehmend wichtig. Eine Broschüre zeichnet mit feinfühligen Geschichten von Betroffenen und Fachleuten ein berührendes Porträt dieses Ansatzes.
«Es geht darum, Leiden zu mindern. Wichtig ist das Gespräch mit allen. Reden, reden und nochmals reden. Und wichtig ist auch ein grosszügiger Umgang mit Morphium in der Endphase.» Das sagt Balz Briner, Hausarzt im Betagtenheim Am Wasserturm in Basel über Palliative Care. Er ist einer der Protagonisten der Broschüre «Menschen am Lebensende begleiten», herausgegeben von Curaviva und dem Bundesamt für Gesundheit. Die Autorinnen Cornelia Kazis (deutsche Version) und Anne-Marie Nicole (französische Version) zeichnen darin ein präzises, berührendes Bild von Palliative Care anhand von Porträts und Reportagen von Menschen, die diesen Ansatz täglich in einem Betagtenzentrum leben und erleben. Entstanden sind Geschichten, die davon erzählen, was ältere Menschen in ihrer letzten Lebensphase beschäftigt. Und sie zeigen auf, wie sie in der Grundhaltung von Palliative Care gepflegt und betreut werden.
Ganzheitliche Behandlung
Gemäss der Definition der WHO ist Palliative Care «die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer voranschreitenden, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, in der die Erkrankung nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht und die Beherrschung von Schmerzen, anderen Krankheitsbeschwerden, psychologischen, sozialen und spirituellen Problemen höchste Priorität besitzt». Was das konkret bedeuten kann und soll, wird in den Broschüren mit Geschichten aus dem Pflegealltag spürbar. Dabei kommen ganz unterschiedliche Menschen zu Wort. Etwa die Heimbewohnerinnen Frau Schwab oder Madame Lutz. Aber auch die an der Behandlung und Betreuung beteiligten Fachleute wie Pflegefachfrauen, Heimleiter, Seelsorgerinnen und Hausärzte sowie freiwillige Mitarbeitende haben die Autorinnen bei ihrer Arbeit begleitet. Und selbst Menschen wie Nghia Thai, der in der Heimküche arbeitet, oder Ornella Francolini, die Tochter einer Heimbewohnerin, erzählen in der Broschüre ihre Geschichte. Sie alle können dazu beitragen, den letzten Lebensabschnitt eines Menschen so angenehm wie möglich zu gestalten und das Leiden so gut wie möglich fernzuhalten. Das ist der Kern von Palliative Care. «Palliativ» stammt vom lateinischen Verb «palliare», umhüllen, bzw. von «pallium», der Mantel. Dazu gehört auch, dass zum Beispiel persönliche Wünsche und Vorlieben beim Essen und Trinken oder bei der Betreuung die Biografie des Patienten, der Patientin berücksichtigt werden.
Zunehmend wichtig in der Alterspflege
Palliative Care ist in der Krebsmedizin entstanden. Angesichts der demografischen Entwicklung erweist sie sich heute aber vor allem in der Alterspflege als zentral; immer mehr Menschen erreichen ein hohes oder sehr hohes Alter, mit entsprechenden Gebrechen, Beschwerden und Krankheiten. Bei diesen Menschen ist die Heilung nicht mehr das Ziel. In den Betagtenheimen rücken auch die High-Tech-Apparaturen der Akutmedizin in den Hintergrund. Das sei «eine Chance, nicht mehr alles Machbare zu tun, zugunsten der Seelenruhe der alten Menschen, die hier leben», so Balz Briner. Umso wichtiger ist es, dass Pflegeinstitutionen und die Bevölkerung über die Möglichkeiten von Palliative Care Bescheid wissen. Die neuen Broschüren bieten dazu nicht nur einen informativen, sondern auch einen inspirierenden und berührenden Einstieg.
Kostenloser Download
Die Broschüre «Menschen am Lebensende begleiten. Geschichten zu Palliative Care in Alters- und Pflegeinstitutionen» ist in einer deutschen und einer französischen Version erhältlich. Download
unter: www.bag.admin.ch/palliativecare oder http://www.curaviva.ch/Fachinformationen/Themendossiers/PQBbv/?method=dossier.detail&id=4E2D11BA-E9A6-EA4F-ECD14AB433B656B0.
Kostenloser Bezug als Papierversion unter https://www.bundespublikationen.admin.ch/cshop_bbl/bp/updateItems/%28cpgnum=1&layout=7.01-13_125_68_76_6_127_2&cquery=*316.723*&uiarea=2&carea=%24ROOT&cpgsize=10%29/.do?next=seeItem&itemkey=0024817F68691EE1B4AF29EBB8348F02E83935BF45E31EE389BA2F28B67D0DC6&areakey=0024817F68691EE1B4AF29EBB8348F02&lastVisited=catalogQuery&isProductList=&itemPageSize=10&page=1&display_scenario=query&isQuery=yes&detailScenario=&xsrfid=fnbC08e6155I3D5v0OI5_aDsLAs5QVYS0wk.
Kontakt
Lea von Wartburg, Projektleiterin Palliative Care, Sektion Nationale Gesundheitspolitik, palliativecare@bag.admin.ch