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Aus erster Hand

Ausgabe Nr. 90
Jan. 2012
Sexuelle und reproduktive Gesundheit

Editorial Martin Werner. Folgender Satz zur sexuellen Gesundheit hat in den letzten Monaten Teile der Schweiz besonders bewegt und erregt: «In Zusammenarbeit mit den Kantonen wird darauf hingewirkt, dass im Rahmen der Gesundheitsförderung eine stufengerechte Sexualerziehung in die Lehrpläne der obligatorischen und nachobligatorischen Schule integriert wird.» So steht es im Nationalen Programm HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten (NPHS) 2011–2017, welches der Bundesrat vor einem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Seither attackieren gewisse Medien mit Schlagzeilen wie «Porno für Kindergärtler» das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Dabei sind doch hehre Ziele wie Gleichstellung, Gerechtigkeit und Nichtdiskriminierung die Gründe, weshalb sich das BAG dafür einsetzt, Sexual Health zu einem Unterrichtsthema zu machen, welches allen zugänglich ist. Nicht alle Kinder haben nämlich bezüglich Sexual Health dieselben Start- und Entwicklungschancen. Diese Ungerechtigkeit ist eine Herausforderung für die Gesellschaft. In diesem Sinne ist Sexual Health nicht nur eine private, sondern auch eine öffentliche Sache.

Doch seit einem Jahr müssen wir fast täglich wütende Anfragen beantworten, welche sich vorwiegend auf Artikel der «Weltwoche» und des «Sonntagsblicks» beziehen. Für unseren Arbeitsalltag ist dies aufwendig. Ist aber dieses engagierte Sicheinmischen Privater in öffentliche Angelegenheiten so negativ? Betrachten wir es unter dem Blickwinkel der spannenden Frage, wie eine Gesellschaft mit ihren Problemen umgeht und wie sie sich künftigen Herausforderungen stellt, können diese Stimmen besorgter und empörter Menschen auch positiv gewertet werden; nämlich als Hinweis darauf, dass in unserem Land gesellschaftliche Entwicklungen im öffentlichen Diskurs breit abgestützt und vorangetrieben – oder eher: begleitet und mitgelenkt werden. Permanent ist daher ein Kompromiss zwischen berechtigten privaten und ebenso berechtigten öffentlichen Interessen auszuhandeln.

Solche Erkenntnisse vertiefen sich in einem Public-Health-Studium, welches ich mit Unterstützung dieses Amtes absolvieren konnte. Mit grosser Dankbarkeit verlasse ich nun das BAG in Richtung dritten Lebensabschnitt und wünsche all meinen Kolleginnen und Kollegen, die weiterhin für die Sache der öffentlichen Gesundheit eintreten, alles Gute.


Martin Werner
Sektion Prävention und Promotion, Bundesamt für Gesundheit

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