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In der Schweiz sind rund 250 000 Menschen alkoholabhängig

Ausgabe Nr. 82
Sep. 2010
Herausforderung Sucht

Alkoholsucht. Rund eine Viertelmillion der in der Schweiz lebenden ab 15-jährigen Personen sind alkoholabhängig. Dies ist das Resultat einer epidemiologischen Neueinschätzung, die von Sucht Info Schweiz durchgeführt wurde. Die aktuelle Zahl wurde aufgrund von heute anerkannten Methoden berechnet und bestätigt die bis anhin geltende Schätzung aus dem Jahr 1997 von rund 300 000 Alkoholabhängigen weitgehend.

Die aktuelle Quantifizierung der Alkoholsucht in der Schweizer Gesamtbevölkerung basiert auf einem Modell aus 17 Schätzungen. Diese wurden mittels verschiedener methodologischer Ansätze aus drei unterschiedlichen Datensätzen abgeleitet: dem im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2007 durchgeführten AUDIT (AUDIT = Alcohol Use Disorders Identification Test), den Schweizer Leberzirrhose-Sterbe­raten sowie aus externen Schätzungen der WHO. Der AUDIT ist ein von der WHO entwickelter Fragebogen mit zehn Fragen, anhand derer sich ein allfälliger problematischer Alkoholkonsum identifizieren lässt.

Vorsichtige Schätzung
Die meisten der 17 Schätzungen liegen zwischen 220 000 und 330 000. Modellberechnungen und die Konvergenz der Zahlen weisen jedoch darauf hin, dass sich ein Wert auf ungefähr 250 000 (= 3,9 Prozent der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren) festlegen lässt. Diese Zahl muss jedoch mit Vorsicht genossen werden. Ein Vorbehalt entspringt der Tatsache, dass nur eine klinische Untersuchung eine Abhängigkeit mit grösserer Sicherheit diagnostizieren kann. Screening-Instrumente wie das AUDIT sind lediglich eine Annäherung für eine solche Diagnose. Deswegen ist es wichtig, AUDIT-Daten auf der Basis von bestätigten klinischen Diagnosen zu kalibrieren, um die Validität der Zahlen zu sichern. Zudem ist bekannt, dass gewisse Gruppen, die ein besonders hohes Risiko zur Alkoholabhängigkeit aufweisen oder bereits deswegen in stationärer Behandlung sind, bei Befragungen der Allgemeinbevölkerung – wie es die Schweizerische Gesundheitsbefragung ist – eher untervertreten sind. Man kann also davon ausgehen, dass die aus dem AUDIT gewonnenen Schätzungen und somit auch die Zahl der 250 000 Alkoholabhängigen eher eine Verzerrung nach unten als nach oben aufweisen.

Eine Herausforderung für Epidemiologen
Zahlen zum Ausmass der Alkoholsucht sind von grosser Wichtigkeit, sei es für die Planung von Behandlungseinrichtungen oder für epidemiologische Analysen. Nach wie vor besteht für die Messung von Alkoholabhängigkeits-Prävalenzen jedoch keine einzelne Standardmethode, die anderen eindeutig überlegen wäre, was die Berechnungen aufwendig und schwierig macht. Mit dem sogenannten Triangulationsansatz können relativ zuverlässige Zahlen zur Epidemiologie der Alkoholabhängigkeit gewonnen werden. Dabei werden unterschiedliche Sichtweisen oder Methoden und verschiedenartige Daten zur Erforschung eines Phänomens herangezogen. So können die Berechnungen breit abgestützt und Schwächen einzelner Methoden oder Datensätze kompensiert werden.


Der Bericht « Estimation du nombre de personnes alcoolo-dépendantes dans la population helvétique» von Hervé Kuendig ist auf Französisch zu finden unter www.sucht-info.ch sowie unter www.alkohol.bag.admin.ch.

Sucht Info Schweiz

Sucht Info Schweiz ist der neue Name der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA). Sie stellt Fachpersonen aus Prävention, Erziehung und Therapie sowie Medienschaffenden, Politikerinnen und Politikern und weiteren Interessierten fundierte Informationen zur Verfügung. Gleichzeitig ist sie oft erste Anlaufstelle für Personen mit einem Abhängigkeitsproblem und deren Angehörige.

Kontakt

Gabriela Scherer, Sektion Alkohol und Tabak, gabriela.scherer@bag.admin.ch

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