Studien zur Spritzenabgabe und zum Verhalten als Instrumente zur HIV-Überwachung bei Drogeninjizierenden
Sep. 2010Herausforderung Sucht
IDU-Monitoring. Wie wirkungsvoll sind Massnahmen der Schadensminderung in der Drogenszene für die HIV/Aids-Prävention? Wie verhalten sich drogeninjizierende Personen (IDU) bezüglich HIV-Risiko? Wo sind Schwachstellen in der Prävention? Das IDU-Monitoringsystem liefert Antworten zu Fragen wie diesen.
Seit 1987 werden in der Schweiz die Entwicklung der HIV-Ansteckungen und das Verhalten bezüglich HIV/Aids mit einem Monitoringsystem beobachtet. Ziel ist es, die Wirksamkeit der Aids-Bekämpfungsstrategie beurteilen zu können, künftige Entwicklungen zu antizipieren und die Strategie entsprechend auszugestalten. Das Monitoring besteht aus verschiedenen Erhebungen in Einrichtungen und bei jenen Bevölkerungsgruppen, die von HIV/Aids besonders betroffen sind. Dazu gehören nach wie vor drogeninjizierende Personen (IDU). Der Anteil HIV/Aids-Betroffener in dieser Gruppe ist zwar stabil, aber mit rund 10% immer noch relativ hoch.
Um die Wirksamkeit von Schadensminderungsmassnahmen und das Verhalten der IDU bezüglich HIV zu messen, wird in der Schweiz seit Längerem ein kontinuierlich effizienteres Überwachungssystem eingesetzt. Es besteht
aus fünf zum Teil langjährig bewährten Instrumenten:
Monitorings der Spritzenabgabe
1. Laufendes Monitoring der Spritzenabgabe in niederschwelligen Einrichtungen (NSE), die auf die Schadensminderung im Bereich des intravenösen Konsums spezialisiert sind. Das Monitoring der Spritzenabgabe durch die NSE läuft seit 1993. Jede NSE, zu deren Hauptaufgaben die Abgabe von sterilem Injektionsmaterial an die Drogenkonsumierenden gehört, kommt für das Monitoring in Frage. Die Zahl der Einrichtungen, die in dieses Monitoring aufgenommen wurden, hat sich im Verlauf der Zeit erheblich erhöht. Ihre Zahl stieg von 29 im Jahr 1993 auf 42 im Jahr 2008.
2. Schätzung der Zahl der Spritzen, die über das Programm zur heroingestützten Behandlung (HeGeBe) abgegeben werden.
3. Nationale Erhebung über die Spritzenabgabe in Apotheken. Diese Erhebung wurde 1995, 1997 und 2005 durchgeführt. Bei der Erhebung im Jahr 2005 hat sich gezeigt, dass Apotheken weiterhin ein wichtiges Element des Instrumentariums darstellen: Obwohl der Spritzenverkauf zwischen 1996 und 2005 um rund 30% zurückging, haben die Apotheken monatlich noch rund 84 000 Spritzen verkauft.
Über die so ermittelten Zahlen lässt sich ein Versorgungsgrad der Drogenszene mit sauberen Spritzen schätzen. Bei der letzten Erhebung lag der geschätzte Versorgungsgrad zwischen 47% und 158% des Bedarfs (Extremwerte).
Monitoring Verhalten
4. Erhebung zu den Verhaltensweisen der Klientel der NSE. Die NSE sind hauptsächlich in der Schadensminderung im Bereich HIV- und Hepatitis-Übertragung tätig, indem sie steriles Injektions- und Inhalationsmaterial oder Konsumräume zur Verfügung stellen. Diese Befragung erhebt Angaben zur Art der konsumierten Drogen, zum intravenösen Konsum und zu damit verbundenen Risiken (z. B. Spritzentausch), zu sexuellen Risiken, HIV-Tests, Hepatitis-Erkrankungen, Überdosen, Abszessen und zum Zugang zur Therapie. Überwacht werden auch der intravenöse Konsum und die Benutzung von einer oder mehreren gebrauchten Spritzen im Freiheitsentzug. Diese Erhebung wurde bereits 1993, 1994, 1996, 2000 und 2006 durchgeführt. 2006 wurde die Klientel von 22 NSE in 10 Kantonen befragt.
5. Expertenpanels. Im Vorfeld der Erhebung von 2006 wurden zudem die bereits vorhandenen Daten analysiert und Fokusgruppen mit Fachleuten gebildet, die in direktem Kontakt zu den Drogenabhängigen stehen (NSE, Ärztinnen und Ärzte, die in spezialisierten Therapiezentren für Drogenkonsumierende tätig sind, und Fachpersonen, die sich für die Schadensminderung in der Partyszene einsetzen). Dabei ging es darum, die Situation der Drogenkonsumierenden in Bezug auf die Infektionskrankheiten sowie die aufgetretenen Probleme zu analysieren. Solche Expertenpanels werden auch in Zukunft eingesetzt.
Die Resultate dieser Untersuchungen wurden kursorisch in spectra 81 (S. 11) vorgestellt. Im Detail können sie auf folgender Homepage heruntergeladen werden: http://www.iumsp.ch/fr/node/4968. Dieses Überwachungssystem wird dieses und nächstes Jahr in der bestehenden Form fortgesetzt. Für das Nationale HIV/STI-Programm nach 2011 wird es voraussichtlich eine Ausweitung auf andere sexuell übertragbare Krankheiten erfahren.
Kontakt
Martin Werner, Sektion Prävention und Promotion, Martin.Werner@bag.admin.ch